Donnerstag, 24. März 2011

Abenteuer im Outback...

Gutgelaunt und erholt verlassen wir Adelaide. Es geht durchs Clare Valley, auch dies ein weltbekanntes Weinanbaugebiet. Bald nimmt die Bevölkerungsdichte jedoch merklich ab - obwohl wir hier immer noch an einem Tag gut zum nächsten kleinen Ort radeln können, liegt nun oftmals schon viel Einsamkeit dazwischen . Es ist herrlich in dieser Verlassenheit zu radeln, nur noch selten überholen uns Autos. Wir geniessen die Stille, unterbrochen nur vom Gezwitscher der farbenprächtigen Vögel.


Nach 5 Fahrtagen erreichen wir den Flinders Ranges Nationalpark. Diese Gegend war uns noch von unserem letzten Australien-Aufenthalt in guter Erinnerung. Es ist drückend warm um die 40 °C und ein kaltes Getränk liegt bei unserer Ankunft zuoberst auf der Wunschliste. Am nächsten Tag ist der Himmel bewölkt und nach einem vorabendlichen Regenschauer ist es deutlich kühler. Ideal für eine Wanderung auf den Mount Ohlssen Bagge. Wir sehen Bergziegen, etliche Eidechsen und hunderte Spinnen. Die australischen Spinnen beeindrucken uns mit ihrem Fleiss, die Netze spannen sich meterbreit zwischen den Bäumen und bereits einige Male mussten wir unsere Fahrräder morgens von Netzen befreien, welche einem im Glauben lassen könnten, die Räder würden nur sehr sporadisch genutzt...

Flinders Ranges


Bei der morgendlichen Weiterreise sehen wir scharenweise Kängurus und Emus, die uns aus sicherer Entfernung neugierig beobachten. Über Hügel und Schotter erreichen wir nachmittags Parachilna. Der hier einheimische Darryl, den wir einige Tage zuvor kennenlernten, gibt uns breitwillig eine Tour zu Lake Torrens, einen der grössten Salzseen weltweit. Wir erfahren einiges über die Gegend und das ausserordentlich regenreiche Jahr, das Australien nun nach 9 Jahren Dürre erlebt.

Parachilna Gorge

Genau dieser Regenreichtum bringt unsere Pläne für die Weiterreise etwas ins Wackeln. Wir bangen nämlich um die Strassenverhältnisse, denn bis nach Coober Pedy liegen 450 km Schotterstrasse vor uns. Bei andauerndem Regen kann dies zu Überflutungen der Bachbette führen oder auch ganze Strassenabschnitte wegspülen. Wir hören verschiedene (sich widersprechende) Meinungen, doch da wir ja schliesslich auch etwas das Abenteuer suchen, beschliessen wir es zu wagen.

Nach den ersten rund 80 km Schotterpiste treffen gegen Mittag in Marree, dem südlichen Start des Oodnadatta Tracks, ein. Hier stärken wir uns mit einem leckeren Burger und brechen nach einigen Stunden „Hitzepause“ voller Vorfreude und mit ca. 25 Litern Wasser in Richtung William Creek (207 km entfernt) auf. Die Strassenverhältnisse sind weiterhin unerwartet gut und getrieben vom Wind, fahren wir hinaus in die Wildnis. Die Szenerie ist einzigartig, jedoch ist die Erde nicht wie für die Wüste üblich rot, sondern leuchtet in der Abendsonne - von vielen kleinen Büschen und Gräsern überzogen - grün. Wir passieren den berühmten Dog-Fence und einige alte Ruinen, welche entlang der Old-Ghan-Line an bessere Zeiten erinnern. Eine Stunde vor Sonnenuntergang finden wir ein perfektes Plätzchen um unser Zelt aufzustellen und sind sicher morgen William Creek zu erreichen.

mmmh...

auf dem Oodnadatta Track

wildes campen...

Am nächsten Morgen nehmen wir unser Frühstück aufgrund der unzähligen Fliegen im Zelt ein. Diese lästigen Viecher lassen zum Glück bei rasanter Fahrt etwas nach. Auf halber Strecke erreichen wir Cowards Springs. Diese natürliche Quelle lockt uns eine erfrischende Spa-Pause einzulegen. Doch der Blick zum grauen Himmel drängt uns zur Weiterfahrt. Eine weitere Stunde später beginnt es zu regnen, zuerst nur – wie bisher von Australien gewohnt – zaghaft, doch dann immer stärker bis wir uns mitten im Gewitter befinden und es sinnflutartig schüttet. Als Blitze den Himmel erhellen überkommt uns ein mulmiges Gefühl. Die Schutz bietenden Ruinen liegen lange hinter uns und somit sind wir zwei Radler der höchste Punkt soweit das Auge reicht – der ideale Blitzableiter... Wir strampeln verzweifelt weiter, was durch die weicher werdenden Strassen jedoch immer anstrengender wird. Als sich der nasse Kies zwischen Schutzblech und Reifen zu verfangen beginnt, werden kurzerhand die Schutzbleche demontiert. Die Strassen sind nun stellenweise von einem feinen Wasserfilm bedeckt, doch wir kommen voran und nach einer gefühlten Ewigkeit, wahrscheinlich aber nur ca. 45 realen Minuten hellt sich der Himmel wieder auf. Wir erreichen ein Creek, dass nun knöchelhoch Wasser führt. Die Querung mit dem Rad stellt jedoch kein Problem dar und als ein 4x4 auftaucht winken wir nach einem kurzen Schwatz Goodbye. Nach dem Adrenalin-Rausch sind wir nun euphorisch die letzten 33 km nach William Creek zu schaffen...

Creekcrossing

Nur wenige hundert Meter später ändert sich jedoch der Strassenbelag zu Sand, welcher
Wasser getränkt zu einer lehmigen Pappe wird. Die Räder sinken richtiggehend ein. Wir steigen vom Rad und probieren zu schieben. Doch dieser Schlamm verklebt alles, unsere Räder blockieren und die nun kiloschweren Tevas machen alleine das Gehen zu einer Tortur. Völlig frustriert müssen wir einsehen, dass wir alleine nicht mehr weiterkommen.

Lilly am Ende :-(

Somit sitzen wir am Strassenrand, eine Packung Guetzli dient zur Stimmungsaufheiterung. Nun heisst es kühlen Kopf bewahren, Lösungswege zu suchen. Glücklicherweise führen wir genügend Wasser und Essen um einige Tage im Nichts campieren zu können, jedoch ist dieser schlammige Untergrund nicht bestes Zeltareal. Unsere Hoffnung liegt bei den 2 Autos, die uns heute überholten. Wird sich einer an uns erinnern und uns zur Hilfe eilen? Da die Strassen nun bestimmt geschlossen wurden, können wir nicht mehr mit neu eintreffenden Autos rechnen...

Der Wind pfeift uns um die Ohren und lässt uns einige Male erfreut aufhorchen - um anschliessend nur enttäuscht festzustellen, dass es doch kein Motorgeheul war. Doch dann, nach ca. 1 ½ Stunden warten sehen wir plötzlich eine Veränderung am Horizont. Langsam taucht ein (Plüsch-) Känguru über der Klippe auf. Wir springen auf – Juhee es sind die Deutschen, welche wir bereits auf dem Camping in Wilpena Pound gesichtet haben!

unsere Rettung inkl. Ruth dem Känguru

Familie Lutz scheut keinen Aufwand um unsere tausend (stark verschmutzten) Sachen auf ihrem Anhänger unterzubringen. Erleichtert steigen wir ein und Gine manövriert das schwere Gefährt fachmännisch durch den Schlamm. Wir sind alle erleichtert als wir an diesem Freitag gegen 18:00 Uhr William Creek erreichen.

William Creek hat 7 Einwohner, 1 legendäres Pub, ein Flug-Center, einen Camping und ein „Hotel“. Da alle drei wegführenden Strassen für unbestimmte Zeit geschlossen sind, wird bald klar, dass dieses abgeschiedene Fleckchen Erde eine Weile unser Zuhause sein wird. Somit richten wir uns auf dem Zeltplatz gemütlich ein. Glücklicherweise sind wir hier mit einer netten Runde „gestrandet“ und wir verbringen unsere Tage mit Spaziergängen in der Wüste, lesen, faulenzen und Planen. Das Kartenspiel „Phase 10“ + ein Gläschen Wein steht jeweils abends auf dem Programm. Die Strassenzustände bzw. das Datum der Wieder-Eröffnung sind ein beliebtes Diskussionsthema - die Infos ändern von Stunde zu Stunde. Obwohl wir in den ganzen Tagen keinen Regen mehr erleben, scheinen die Strassen weiterhin geflutet zu werden. Manch ein hoffnungsvoller Spaziergang zur Hauptstrasse wird getätigt, doch die Strassen-Tafeln verharren stur auf „closed“.

Strassen geschlossen

Die Tage vergehen, wir sind mittlerweile gewillt die erste wieder zu befahrende Strasse zu wählen. Das Essen wird immer sorgfältiger proportioniert und die Alkohol-Vorräte gehen aus (Das Pub boykottieren wir aufgrund des aussergewöhnlich unfreundlichen Besitzers) :-( Viele Hoffnungen liegen auf Dienstag als Weiterreise-Tag, doch die News sind erschütternd. Wir sehen Fotos der überfluteten Strassen, das Wasser in den Creeks reicht bis zu 1.8 m! Es heisst die von uns anvisierte Strasse nach Coober Pedy werde wahrscheinlich in 5 Wochen (!), die Strasse nach Marree eventuell in 7 Tagen geöffnet. Um auf diesem Wege Coober Pedy zu erreichen, würde dies für uns ca. 1200 km Umweg bedeuten...

Aufgrund der speziellen Umstände bietet das Flug-Center Flüge nach Coober Pedy an um dort z. B. zumindest Einkäufe zu tätigen. Auf Anfrage erklären sie sich bereit uns samt Fahrräder auszufliegen. Unsere Weiterreise wird auf den nächsten Morgen angesetzt. Es überkommt uns ein seltsames Gefühl und ein bisschen Wehmut die lieb gewonnene Gruppe zurückzulassen.

Lustige Truppe in William Creek

Am nächsten Morgen fliegen wir bei Sonnenaufgang los. In der Cessna bietet sich uns ein traumhafter Überblick über das australische Outback. Eine riesige grün-rote Fläche mit vielen Seen und Flussläufen. Nach 40 Minuten sehen wir im Senkflug, die für Welt-Opal-Hauptstadt Coober Pedy mit den Hügelchen, welche für einen Grossteil der 1500 Einwohner ein Untergrund-Zuhause bieten.

Vogelperspektive auf geschlossene Strasse

Wir erhofften uns Abenteuer und Abenteuer haben wir unbestritten bekommen! Nun freuen wir uns jedoch auf einige „ruhige“ Kilometer auf wunderschön asphaltierter Strasse in Richtung Uluru und Alice Springs.

Sonntag, 6. März 2011

Melbourne bis Adelaide – ein gelungener Start

Während wir unsere Räder in einem Bikeshop für einen Check abgeben, verbringen wir unseren 1. Australien-Tag in Downtown Melbourne. Wir müssen noch einige Sachen fürs Outback besorgen... Pat beratet uns fachmännisch - wir verlassen das Outdoor-Geschäft nicht nur mit Wassersäcken und GPS-Not-Ortungsgerät, sondern auch mit einer Einladung für den Abend. Ein perfekter Start mit feinem Essen in einer geselligen Runde.


Bald nachdem wir die Vororte von Melbourne hinter uns lassen, beginnt die bekannte „Great Ocean Road“. Hier fahren wir bei überraschend kühlem Wetter (um die 16 °C) durch einzigartige Szenerie - Felsformationen im Meer, steil abfallende Küste und Sandstrände, Känguruhs, Koalas und der stetige Eukalyptus-Duft in der Nase.

12 Apostel bei Sonnenuntergang


Bay of Martyr

Im Gegensatz zu Neuseeland sind wir hier wieder oft die einzigen „Touris“ auf den Campingplätzen. Beim Radeln folgen uns etliche neugierige Blicke und es ergeben sich viele nette Begegnungen mit interessierten Australiern. Nebenbei gibt es auch einige tierische Begegnungen wie z. B. mit den frechen Kakadu-Papageien, welche auf Resten unseres Frühstück hoffen oder einem süssen Wallaby, dass plötzlich neben uns auftaucht oder auch mit einer grossen Spinne, die uns abends im Zelt einen Schrecken einjagt...


Die bekannte Küstenstrasse liegt nun schon wieder hinter uns und wir besichtigen in Mount Gambier, etwas im Landesinneren, den aufgrund seiner Farbe benannten „Blue Lake“. Entlang des Coorong Nationalparks fahren wir gestärkt vom Wind grosse Tagesstrecken, vorbei an Sanddünen und weissen sowie rosaroten (Salz-) Seeen.

Blue Lake




Roger beweist auch mit 30 Jahren seine Fitness, als wir an seinem Geburtstag wieder einmal gegen den Wind radeln. Die letzten Tage in Richtung Adelaide führen durch Weinanbaugebiete und mittlerweile heizt die Sonne auch wieder ein. Vor der grossen Ebene des Outbacks wird es nochmals hügelig. Dies führt zu gemischten Gefühlen, bedeutet dies ja nicht nur ein Ende der langen Anstiege sondern auch der rauschenden Abfahrten!

Geburtstagskind on the road (siehe Weste)

In Adelaide machen wir einige Tage Pause bei unserem aufgestellten Gastgeber Gray. Das Fahren mit seinen lustigen Radkreationen bringt viel Spass.

Gray & Roger

Nun sind wir ready für das grosse Abenteuer - kribbelig und voller Vorfreude auf die kommenden Wochen im Outback.